Trauerphasen erklärt + Tipps zur Trauerbewältigung

Trauerphasen

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Wir haben bereits ausführlich erklärt, was Trauer ist. Dabei schnitten wir die Trauerphasen kurz an. Da es aber für die Verarbeitung eines Verlustes hilfreich ist, den Prozess der Trauerverarbeitung im Detail zu kennen, widmen wir ihm eine ganze Seite. In diesem Beitrag stellen wir Ihnen verschiedene Trauermodelle vor.  

Was sind Trauerphasen? 

Die Wissenschaft der Psychologie unterteilt die Trauer in mehrere Abschnitte. Es gibt Modelle verschiedener Experten, die die Trauerphasen auf ihre Weise erklären. Werden die einzelnen Etappen regulär durchlaufen, verarbeitet der Betroffene die Trauer gut und richtig. Gibt es in einzelnen Stadien Probleme, kann es sein, dass der Schmerz sich manifestiert und die Trauer krankhaft wird.  

Keines der Trauermodelle ist unumstößlich gültig. Die bekannten Wissenschaftler gehen davon aus, dass jeder Mensch individuell mit einem Verlust umgeht. Die Phasen können in der genannten Reihenfolge oder auch unterschiedlich durchschritten werden.  

Die bekannteste und erste Trauerforscherin war Elisabeth Kübler-Ross. Wir erläutern nicht nur ihr Modell, sondern auch die Trauerphasen nach: 

  • Verena Kast 
  • Yorick Spiegel 
  • John Bowlby und Collin Murray Parkes 
  • Ruthmarijke Smeding 
  • William Worden 

Alle Modelle erklären die Trauer etwas unterschiedlich und haben dennoch ihre Berechtigung.  

Die 4 Trauerphasen nach Verena Kast 

Die 4 Phasen der Trauer nach Verena Kast lauten: Nicht-Wahrhaben-Wollen – Aufbrechen der Emotionen – Suchen, Finden, Trennen – neuer Selbst- und Weltbezug 

Verena Kast ist eine Psychologin aus der Schweiz. Ihr Modell basiert unter anderem auf den Forschungen von Elisabeth Kübler-Ross.  

Nicht wahrhaben wollen 

Zu Beginn des Verlustes fühlt sich der Betroffene, als wäre er betäubt. Er kann und will den Tod eines Menschen nicht wahrhaben. Fassungslosigkeit macht sich breit. Es kann sein, dass der Trauernde beinahe gefühlskalt wirkt. Die erste Trauerphase dauert einige Stunden bis zu einer Woche an.  

Aufbrechende Emotionen 

Nach der ersten Betäubung brechen in der zweiten Phase die Gefühle durch. Es kommt zu einer emotionalen Achterbahnfahrt. Wut und Zorn sind jetzt genauso normal wie Angst und Freude. Ein Signal, das ein Mensch im zweiten Trauerstadium angekommen ist, sind Schlaf- und Ruhelosigkeit. Auch die Schuld spielt jetzt eine enorme Rolle. Die Trauernden sind auf der Suche nach einem Schuldigen. Dabei wird etwa Ärzten und Pflegern ein Versagen vorgeworfen. Es kann aber auch sein, dass man die Schuld bei sich selbst sucht. Wie die zweite Etappe der Trauer durchlebt wird, hängt laut Kast stark von der Beziehung zum Verstorbenen vor dem Tod ab.  

Suchen, Finden, Trennen 

In dieser Phase sucht, laut Verena Kast, der Hinterbliebene nach dem verstorbenen Menschen. Dazu begibt er sich zum Beispiel an Orte, an denen die Person zu Lebzeiten normalerweise anzufinden war. Es kann auch so weit kommen, dass ein Trauernder die Nähe von Leuten sucht, die dem Verstorbenen ähnlich sind. 

Da der Verstorbene nicht gefunden werden kann, beginnt oft ein innerer Dialog mit dem Toten. So kann die Beziehung weitergeführt oder sogar erneuert werden. Diese Trauerphase ist notwendig, um das Verhältnis zu dem Verschiedenen zu klären. Wutausbrüche sind immer noch nichts Ungewöhnliches.  

Die dritte Etappe der Trauer ist normalerweise nützlich für die Verarbeitung des Schmerzes. Sie kann aber auch ungute Entwicklungen annehmen. Manchmal verrennt sich der Trauernde in die Beziehung mit dem Verstorbenen und kapselt sich von seiner Umgebung ab. Folgende Anzeichen deuten darauf hin, dass die Entwicklung des Trauerprozesses nicht mehr in den richtigen Bahnen verläuft:  

  • Starkes Verlangen, die früheren Räumlichkeiten des Verstorbenen aufzusuchen.  
  • Die Hinterlassenschaften werden über sehr lange Zeit unverändert beibehalten.  
  • Innere Zerrissenheit des Trauernden. 
  • Schwere Ansprechbarkeit, vor allem wenn es nicht um Themen geht, die den Verstorbenen betreffen.  

Wenn Sie als Angehöriger eines Trauernden oder als Trauernder selbst solche Verhaltensweise feststellen, sollten Sie professionelle Hilfe einschalten.  

Neuer Selbst- und Weltbezug 

Kommt der Hinterbliebene in der letzten Phase des Modells von Verena Kast an, kann er den Tod des geliebten Menschen annehmen. Dennoch vergisst er den Verstorbenen nicht, sondern trägt ihn als Teil in sich weiter. Er ist jetzt in der Lage, wieder am Leben teilzuhaben und sich der Außenwelt zuzuwenden.  

Dem Umfeld kommt der Betroffene jetzt oft verändert vor. Durch die Trauer kommen möglicherweise neue Ansichten und Verhaltensweisen an das Tageslicht. Manchmal dient der Verlust eines Menschen als Weckruf, den eigenen Lebensstil zu überdenken und neu zu entwickeln.  

Nach einer gesunden Trauerverarbeitung kann der Betroffene wieder neue Beziehungen eingehen. Denn er weiß jetzt, dass er einen möglichen Verlust verkraften kann.  

Die 4 Phasen der Trauer nach Yorick Spiegel 

Der evangelische Theologe Yorick Spiegel definiert die Stadien der Trauer so: Schock – Kontrolle – Regression – Adaption. 

Schock  

Der Betroffene will die Nachricht des Todes nicht wahrhaben. Hier stimmen Kast und Spiegel in ihren Theorien überein. Der anfängliche Schock hält gemäß Spiegel ein paar Stunden bis zwei Tagen an.  

Kontrolle  

Die Trauernden fühlen sich in dieser Phase oftmals wie Statisten in einem Film. Sie nehmen diese Zeit häufig so wahr, als würden sie sich selbst und das Umfeld von außen beobachten. Durch die vielen Aufgaben, die mit einem Todesfall einhergehen, werden die eigenen, schmerzhaften Gefühle zunächst verdrängt und unter Kontrolle gehalten.  

Regression 

Ist die geschäftige Phase nach dem Tod eines Menschen vorbei, kehrt Ruhe ein. Der Trauernde ist jetzt mit seinen Gefühlen zum ersten Mal richtig allein und ihnen ausgesetzt. Dadurch kann die Verarbeitung beginnen. Oftmals zieht sich der Betroffene jetzt zurück, um sich mit dem Schmerz auseinanderzusetzen.  

Es kann vorkommen, dass der Tote jetzt zu einem Idealbild hochstilisiert wird. Die negativen Seiten, die jeder Mensch besitzt, werden ignoriert. Dennoch ist es wichtig, sich auch an die unschönen Erlebnisse zu erinnern, ansonsten fällt das Verarbeiten schwerer. Bei gesunder Trauer kommen allmählich auch die schlechten Erinnerungen an den Verstorbenen hoch.  

Adaption 

Der Trauernde ist nun in der Lage, wieder mehr in das Außen zu treten. Er hat Lust, sich mit anderen Menschen zu treffen und neue Beziehungen einzugehen. Dabei will er den Verstorbenen nicht ersetzen. Die Phase der Adaption beginnt meist erst mehrere Monate nach dem Verlust. In diesem Stadium kommt es zeitweise zu Rückfällen, in denen tiefe Trauer und auch Angst den Betroffenen einholen. Nach rund einem Jahr sollte die Adaption abgeschlossen sein.  

Trauerphasen nach John Bowlby & Colin Murray Parkes 

Das Modell von Bowlby und Parkes stammt aus dem Jahr 1970 und ist somit nur ein Jahr jünger als die Trauerphasen der Pionierin Kübler-Ross. Es unterteilt sich in die folgenden Etappen: Betäubung – Sehnsucht – Verzweiflung – Neuaufbau.  

Die Phasen werden zwar normalerweise schrittweise durchlaufen, allerdings sind sie nicht strikt voneinander getrennt.  

Betäubung 

Auch bei Bowlby und Parkes besteht die erste Phase aus einem nicht wahrhaben wollen der Todesnachricht. Der Trauernde wirkt und fühlt sich ruhig und lebt sein Leben ungestört weiter. Diese vermeintliche Gefühlskälte kann allerdings urplötzlich von starken Emotionen unterbrochen werden.  

Sehnsucht 

Eine tiefe Sehnsucht nach dem Verstorbenen befällt die Trauernden. Sie wirken ruhelos und finden häufig keinen Schlaf. Ihre Gedanken kreisen intensiv um den geliebten Menschen und dessen Verlust. Dabei kommt es immer wieder zu Wutausbrüchen. Die intensive Phase des Trauerns hat begonnen.  

Verzweiflung 

Dem Hinterbliebenen wird klar, dass es keine Hoffnung auf ein Wiedersehen mehr gibt. Das stürzt die Menschen in eine tiefe Verzweiflung. Allerdings ist dieser Schritt notwendig, um alte Gefühls-, Verhaltens- und Gedanken-Muster aufzulösen.  

Neuaufbau 

Die Trauer nimmt in ihrer Intensität ab. Der Alltag ist nicht mehr von ihr geprägt. Jetzt kann der Hinterbliebene anfangen, sein Leben wieder aufzubauen. Dazu gehört es auch, die eigene Rolle neu anzulegen und Beziehungen aufzunehmen. Obwohl sich das Leben langsam wieder normalisiert, bleibt der Verstorbene unvergessen.  

Das Trauermodell nach Ruthmarijke Smeding 

Ruthmarijke Smeding hat das Modell “Die Gezeiten der Trauer” entworfen. Während die anderen vorgestellten Konzepte sich sehr ähnlich sind, weichen die Trauerphasen von Smeding ab. Sie wirken anfangs abstrakt und kreativ. Dennoch lohnt sich ein genauer Blick auf diese spannende Theorie. Das Modell besteht aus den vier Gezeiten: Schleusenzeit – Januszeit – Labyrinthzeit – Regenbogenzeit.  

Die einzelnen Phasen verlaufen spiralförmig und können immer wiederkehren. Dabei gibt es allerdings keinen Rhythmus. Das Auftreten der einzelnen Phasen passiert überraschend und nicht planbar. Im Zentrum des Modells befindet sich ein Loch. Es soll das Loch repräsentieren, in dem sich viele Trauernde gefühlt direkt nach dem Todesfall befinden. Darum herum entsteht ein spiralförmiger Weg, der schließlich zum Regenbogen führt.   

Schleusenzeit 

Durch den Tod eines Menschen werden die Schleusentore geschlossen. Jetzt befinden sich der Hinterbliebene und der Tote in zwei unterschiedlichen Dimensionen. Für die Verarbeitung des Todesfalles ist es wichtig, dass ordentlich Abschied genommen wird. Das kann am offenen Sarg oder auf der Beerdigung passieren. Es ist hilfreich, dem Leichnam noch Dinge zu sagen, die zu Lebzeiten unausgesprochen geblieben sind. Wer die Schleusenzeit zum Abschiednehmen nutzt, der braucht später, laut Smeding, seltener Therapie oder professionelle Trauerhilfe.  

Januszeit 

Diese Phase wurde nach dem römischen Gott Janus benannt. Die Gottheit besitzt zwei Gesichter. Eines davon blickt sinnbildlich auf die Zeit vor der Beerdigung und eines auf die Zeit nach dem Trauerfall. Durch diese Zerrissenheit kommt der Trauernde in ein emotionales Chaos. Im Alltag nach der Beisetzung wird das Fehlen des geliebten Menschen nun besonders deutlich. Deshalb erscheint dem Hinterbliebenen das Leben oft als sinnlos.  

Tägliche Aufgaben können schwerfallen. Dabei ist es häufig genau diese tägliche Routine, die in der Trauer hilft. Unterstützend in der Januszeit ist es auch, wenn der Hinterbliebene das Gefühl hat, alles Menschenmögliche getan zu haben, bevor der Angehörige verstorben ist. Es ist zusätzlich dienlich, in dieser Phase gut für sich selbst zu sorgen. Smeding rät dazu, die eigenen Sinne zu befriedigen.  

Das ist unter anderem möglich durch: 

  • Ausgedehnte Spaziergänge in der Natur 
  • Musik hören oder musizieren 
  • Malen 
  • Schreiben 
  • Ausstellungen besuchen 
  • Theaterabende 
  • Kinobesuche 
  • Tanzen 
  • Sport 

Hilfreich ist es außerdem, Dinge zu tun, die keinen Bezug zu der Zeit vor dem Todesfall haben. Etwas Neues kann beflügeln und neuen Sinn stiften. Wenn der Trauernde anfängt, bewusst Dinge zu unternehmen, um den neuen Lebensweg einzuleiten, befindet er sich auf der Schwelle zur Labyrinthzeit.   

Labyrithzeit 

Labyrinth

In dieser Phase fühlt sich der Trauernde oft sehr verloren. Er hat den Eindruck, herumzuirren. Denn es ist jetzt seine Aufgabe, den Weg ohne den Verstorbenen zu gehen. Ziel dieser Phase ist es, aus dem Wir-Gedanken wieder ein Ich zu kreieren. Dazu ist es notwendig, sich intensiv mit dem Verlust zu konfrontieren.  

Dabei kommen Gefühle wie Angst und Verzweiflung hoch. Besonders schmerzhaft kann es werden, wenn bereits im Vorfeld ein schwerer Verlust erlebt wurde. Damals halfen vielleicht bestimmte Verhaltensweisen, die jetzt wirkungslos gegen die Emotionen sind. Das stürzt den Hinterbliebenen möglicherweise in eine noch tiefere Verzweiflung.  

Wichtig ist, dass der Trauernde die Kontrolle über das eigene Ich wiederzugewinnen. Oftmals werden dazu neue Fähigkeiten notwendig, die der Hinterbliebene jetzt lernt und die ihm in der Zukunft weiterhelfen. Auch aus der vergangenen Beziehung mit dem Verstorbenen wird Kraft geschöpft. Sie kann als Samen für das neue Leben ohne den geliebten Menschen dienen. 

Regenbogenzeit 

In der Regenbogenzeit wendet sich der Trauernde wieder dem Leben zu. Nach dem Tal der Tränen sehen sie jetzt bildlich gesprochen den Regenbogen am Himmel.  

Dabei trägt der Hinterbliebene die verstorbene Person weiterhin im Herzen, ist aber in der Lage, sein Leben weiterzuleben. Oftmals gibt es einen Ort im Inneren, der als Zuflucht dient und wo der Kontakt mit dem Verstorbenen weiterhin besteht.  

Nach außen hin wird der Alltag wieder gelebt. Obwohl die schlimmste Phase der Trauer vorüber ist, treten immer wieder schwere Verlustreaktionen auf. Diese erinnern an die Januszeit und die Labyrinthzeit. Es ist völlig normal, dass auch in der Regenbogenzeit immer wieder Ängste, Verzweiflung und Schmerz auftreten. Dennoch kommen diese Trauerreaktionen jetzt nicht mehr so häufig vor. Außerdem hat der Hinterbliebene gelernt, besser mit seinen Gefühlen umzugehen. Er kann die aufkommenden Emotionen einfacher aushalten, weil er sie kennt und bereits mehrfach durchlebt hat. 

William Worden und die Trauerphasen 

William Worden verfolgt einen etwas anderen Ansatz als Spiegel, Kast und Smeding. Er sieht Trauer als einen aktiven Prozess, im Zuge dessen verschiedene Aufgaben bewältigt werden müssen. Diese Aufgaben werden nicht von jedem Trauernden in der gleichen Reihenfolge durchlaufen. Es kommt zu teilweise sprunghaftem Wechsel zwischen den Aufgaben. Dennoch sind sie miteinander verbunden.  

Laut Worden gibt es folgende Aufgaben: Realität des Verlusts akzeptieren – Schmerz erfahren und verarbeiten –Anpassung an eine Welt ohne den Verstorbenen – dem Verstorbenen auf Gefühlsebene einen neuen Platz zuweisen, lernen, mit der Erinnerung weiterzuleben.   

Wird eine Aufgabe absolviert, hat das Einfluss auf die Restlichen.  

Realität des Verlusts akzeptieren 

Anfangs und teilweise sogar noch nach Wochen und Monaten wollen die Angehörigen den Verlust eines Menschen nicht wahrhaben. Dennoch ist es für das Weiterleben von essenzieller Bedeutung, dass der Tod akzeptiert wird. Nur so kann die Trauer richtig verarbeitet werden.  

Gemäß der Theorie von Worden ist es hilfreich, von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen. Das passiert entweder bei der Aufbahrung oder der Trauerfeier. Sollte eine Teilnahme an der Beisetzung nicht möglich sein, wird ein Abschiedsritual empfohlen. Wichtig ist, dass man sich mit Verlust konfrontiert und ihm ins Auge sieht.  

Aufbahrung

Die Tatsache, dass ein geliebter Mensch aus dem Leben geschieden ist, wird an manchen Tagen besonders deutlich. An Geburtstagen, Weihnachten oder dem Hochzeitstag wird der Verstorbene schmerzlich vermisst. Das gilt vorwiegend, wenn der Anlass zum ersten Mal nach dem Ableben gefeiert wird. Trotz des Schmerzes ist es entscheidend, sich diesen Tagen und damit aufkommenden Gefühlen zu stellen. So kann der Verlust leichter angenommen werden.  

Schmerz erfahren und verarbeiten 

Der Schmerz wird unter anderem durch Gefühle spürbar. Es tauchen die verschiedensten Emotionen auf wie Wut, Verzweiflung, Sehnsucht, Liebe, Ohnmacht oder Schuld. Aber zusätzlich leidet häufig auch der Körper unter dem Schmerz.  

Nicht selten kommt es zu somatischen Beschwerden. Das bedeutet, dass sich die Trauer auch physisch auswirkt. Dann kann es sein, dass der Hinterbliebene unter Kurzatmigkeit, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit oder Schmerzen leidet.  

Egal, auf welche Weise sich der Schmerz ausdrückt, er muss durchlebt werden. Das bedeutet aber nicht, dass man sich permanent im Leiden befinden muss. Der Trauernde darf sich zeitweise von den negativen Gefühlen ablenken. Aber komplett verdrängen sollte er den Schmerz nicht, weil sonst der Trauerfall nicht richtig verarbeitet werden kann.  

Anpassung an eine Welt ohne den Verstorbenen 

Jeder Mensch, der geht, hinterlässt eine Lücke. Stirbt ein naher Angehöriger, der Partner oder ein enger Freund, fehlt er nicht nur als Person. Oftmals hat der Verstorbene zu Lebzeiten auch bestimmte Rollen erfüllt und Aufgaben übernommen, die nun offen sind. Die Hinterbliebenen müssen indessen diese Rollen und Aufgaben erledigen.  

Dazu müssen sie neue Dinge lernen, wie: 

  • Kochen 
  • Autofahren 
  • Buchführung 
  • Heimwerken 
  • Gartenarbeit  

Während der Verlust und der offene Platz in der Anfangszeit nach dem Todesfall besonders bewusst ist, wird der leere Raum stetig gefüllt. Dazu ist es allerdings notwendig, dass sich die Hinterbliebenen weiterentwickeln. Sie übernehmen oftmals die Aufgaben, die vorher der Verstorbene absolviert hat. Das kann anstrengend sein, gerade wenn die Menschen ohnehin sehr traurig sind. Dennoch bietet ein Verlust auch immer Chancen, an sich selbst zu arbeiten. Dadurch kann das Selbstvertrauen eines Menschen wachsen.  

Dem Verstorbenen auf Gefühlsebene einen neuen Platz zuweisen und lernen, mit der Erinnerung zu leben 

In diesem Aufgabenbereich schafft es der Hinterbliebene, die Erinnerungen an den Verstorbenen weiterleben zu lassen. Er gedenkt des Toten nicht nur, sondern ist in der Lage, gemeinsame Erlebnisse, Gedanken und Einflüsse in das neue Leben mit zu übernehmen. So lebt der Verstorbene weiter. Ein Mensch ist tot, die Erinnerung an ihn und die Hinterbliebenen leben aber weiter.  

Parkbank, Erinnerung an Verstorbene

Ein möglicher Gedenkort liegt in uns. Wir können aber die Erinnerung auch auf andere Weise zelebrieren: 

  • Tatsächlicher Gedenkort (Grab, gemeinsame Parkbank, bestimmter Platz im Café) 
  • Fotos, Videos, Audios, Sprachnachrichten 
  • Erinnerungsstücke wie Schmuck, die Lieblingsjacke des Verstorbenen etc.  

Egal, ob sich das Erinnern im Inneren oder Äußeren abspielt, es ist wichtig, dass der Verstorbene nicht vergessen wird. Gleichzeitig darf das Gedenken auch nicht übermächtig werden. Manche Hinterbliebene haben das Gefühl, das Leben des Verstorbenen fortsetzen zu müssen oder sie haben Angst, das gleiche Schicksal wie der eigene Vater zu erfahren.  

Essenziell bei der Trauerverarbeitung ist laut Worden, dass das Gedenken an den Toten möglichst positiv ausfällt.  

Die 5 Trauerphasen nach Elisabeth Kübler-Ross 

Als vielleicht bekannteste Sterbeforscherin geht Elisabeth Kübler-Ross in die Geschichte ein. Im Jahr 1969 publizierte die amerikanisch-schweizerische Psychiaterin ihre 5 Phasen der Trauer. Das Modell wird bis heute anerkannt und diente vielen Nachfolgern als Ausgangsbasis. Es besteht aus den Abschnitten: Leugnen – Zorn – Verhandeln – Depression – Annahme

Kübler-Ross erhielt ihre Erkenntnisse aus unzähligen Gesprächen mit Sterbenden. Für die Psychiaterin kommt es beim Sterben zu den gleichen Phasen wie in der Trauer.  

Leugnen 

Der Mensch erhält die Nachricht vom Tod einer geliebten Person und will die Hiobsbotschaft nicht wahrhaben. Er fühlt sich starr, betäubt und steht unter Schock. Das Leugnen des Todesfalls schützt den Betroffenen zunächst vor dem atemberaubenden Schmerz. Es handelt sich laut Kübler-Ross um eine ganz normale Trauerreaktion. Dennoch sollten die Hinterbliebenen diesen Zustand nach einigen Wochen hinter sich lassen. Falls das nicht passiert, ist es ratsam, professionelle Hilfe zu konsultieren.  

Zorn 

Wut und Zorn in der Trauer

Die Wut der zweiten Trauerphase ist ein probates Mittel, um gegen den Schmerz anzugehen. Oftmals fragen sich die Betroffenen, warum ausgerechnet sie und ihr Angehöriger von einem so schlimmen Schicksal betroffen sind.  

Bei unvorhersehbaren Todesfällen wird auch gerne mit Gott, dem Universum oder anderen vermeintlich Verantwortlichen gehadert. Unter Umständen spielt auch Neid in dieser Phase eine Rolle. Es kann sein, dass man auf Menschen eifersüchtig reagiert, deren Angehörige weiterleben dürfen. 

Wichtig ist, dem Zorn ausreichend Raum zu geben. Gleichzeitig sollte der Mensch sich auf eine gesunde Art und Weise Luft machen. Er kann zum Beispiel: 

  • Sport treiben 
  • Über seine Gedanken sprechen 
  • Ein Tagebuch führen 
  • Boxen oder auf Kissen einschlagen 

Verhandeln 

Viele Trauernde erleben eine Phase des Feilschens. Sie würden alles Geld der Welt dafür geben, um noch einen einzigen Tag mit dem Verstorbenen verbringen zu dürfen. Teilweise laugt dieses Verhandeln die Hinterbliebenen stark aus. Es kann sein, dass sie in diesem Abschnitt der Trauerbewältigung verwirrt und kraftlos wirken.  

Depression 

Depression als Trauerphase

Der Tod des geliebten Angehörigen wird jetzt in vollem Umfang begriffen. Dadurch steigt gleichzeitig eine große Verzweiflung auf. Es ist normal, dass sich der Hinterbliebene jetzt niedergeschlagen bis depressiv fühlt. Es kann sein, dass er sich: 

  • Von seinem Umfeld zurückzieht, 
  • Ruhelos ist und keinen Schlaf findet, 
  • Appetitlos ist.  

Oftmals erkennen die Betroffenen erst jetzt, welche weitreichenden Folgen der Todesfall hat. Das gilt insbesondere, wenn etwa der Hauptverdiener stirbt. Die Phase der Depression ist schwierig und schmerzhaft. Dennoch ist sie im Rahmen der Trauerbewältigung laut Kübler-Ross notwendig, um die letzte Phase zu erreichen.  

Annahme 

Die finale Phase heißt bei Kübler-Ross “Annahme”. Der Hinterbliebene kann seinen Verlust jetzt akzeptieren. Das bedeutet gleichzeitig, dass der Abschied abgeschlossen werden kann. Man trennt sich von den Gegenständen des Toten oder führt ein schönes Abschiedsritual durch.  

Tipps für die Trauerbewältigung

Hilfe in der Trauerphase

Die Trauer ist ein wichtiger Prozess bei dem Verlust eines Freundes oder Familienangehörigen. Zeitgleich ist sie unfassbar schmerzhaft. Dennoch ist es notwendig, die Phasen der Trauer zu durchleben, um einen Abschluss zu finden. Dazu kann es hilfreich sein, sich mit dem Prozess des Verlustes zu beschäftigen. In welchem Abschnitt stecken Sie gerade und was kann Ihnen jetzt guttun?  

Um den Ablauf zu erleichtern, gibt es verschiedene Tipps. 

Trauerfeier individuell gestalten 

Die Trauerbewältigung beginnt schon im Vorfeld der Beisetzung. Vielen Angehörigen hilft es, die Trauerfeier so persönlich wie möglich zu gestalten. Dazu können die Lieblingslieder des Verblichenen genauso ausgewählt werden wie eine passende Sargbeigabe. Wenn der Vater beispielsweise nie ohne sein Taschenmesser aus dem Haus gegangen wäre, dann darf das Werkzeug ihn auf seinem letzten Weg begleiten.  

Für die Traueransprache des Geistlichen oder weltlichen Redners fassen die Angehörigen die Höhepunkte und besonderen Charaktereigenschaften des Verstorbenen zusammen. Erinnern Sie sich dabei primär an die schönen und lustigen Seiten. Jedes Detail kann und darf gezielt auf den Verstorbenen maßgeschneidert sein.   

Über die Trauer sprechen 

Suchen Sie sich Menschen, die gute Zuhörer sind. Es hilft, wenn Sie über Ihre Gefühle, den Todesfall und den Verstorbenen sprechen. Dadurch kann der Verlust besser verarbeitet werden.  

Trauertagebuch führen 

Falls es Ihnen schwerfällt, über den Verlust zu sprechen, ist Schreiben eine perfekte Option. Dabei gibt es verschiedene Vorgehensweisen. Manche Menschen formulieren einfach frei von der Leber weg, wenn ihnen etwas einfällt. Andere führen regelmäßig ein Tagebuch. 

Es existieren auch verschiedene Methoden, die hilfreich sein können. So wird von manchen Trauerbegleitern empfohlen, täglich 3 – 5 schmerzhafte, traurige, beängstigende oder belastende Dinge aufzuschreiben. Anschließend wird folgender Satz notiert: “Ich erlaube mir, dass es wehtun darf.” Danach werden 3 – 5 Sachen der Dankbarkeit aufgeschrieben sowie die Aussage: “Dankbarkeit darf auch ihren Platz finden.” 

Austausch mit anderen Betroffenen 

Oft fühlt es sich besser an, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Im Trauerfall bedeutet das, dass ein anderer Mensch mit ähnlichen Erfahrungen als guter Gesprächspartner empfunden wird. Je mehr Überschneidungen es zwischen den Verlustgeschichten gibt, desto besser. Heute ist es, dank Internet, relativ leicht die passenden Menschen zu finden. Es gibt on- und offline Selbsthilfegruppen. In unserem Beitrag Was ist Trauer: Umgang mit dem Schmerz teilen wir wertvolle Links zu Trauergruppen vor Ort und im Internet. 

Ablenkung suchen 

Hinterbliebene gestehen sich oftmals nicht ein, dass sie auch wieder lachen dürfen. Sie erlauben sich teilweise keine schönen und angenehmen Erlebnisse. Doch das ist falsch. Niemand sollte sich selbst die Lebensfreude verbieten, nur weil ein anderer Mensch nicht mehr lebt. Dabei ist es völlig egal, wer aus dem Umfeld verstorben ist. Ablenkung ist notwendig, um nicht vollkommen im Schmerz zu versinken. Unternehmen Sie regelmäßig etwas, das Ihnen Freude bereitet.  

Wenn Sie auch Monate nach dem Todesfall bislang nicht das Gefühl haben, dass der Schmerz leichter wird, suchen Sie sich unbedingt Hilfe. Es kommt nicht selten vor, dass Angehörige in der Trauer stecken und allein nicht mehr herauskommen. Berater, Selbsthilfegruppen und Psychologen sind dazu da, Ihnen in dieser Situation zu helfen.  

FAQ zu den Trauerphasen 

Wann ist die Trauer am schlimmsten? 

Viele Betroffene fragen sich, wann die Trauer am schlimmsten ist. Sie wollen wissen, wann das tiefste Tal der Tränen erreicht ist. Aber Trauer verläuft nicht linear, sondern in Wellen. Es gibt Momente, in denen es den Betroffenen besser geht. Dann schlägt der Schmerz wieder mit voller Wucht zu. Trauern ist ein so individueller Prozess, dass leider niemand sagen kann, wann die Trauer am schlimmsten ist.  

Wie lange dauern die Trauerphasen? 

Trauer kann Monate oder sogar Jahre andauern. Wie lange ein Mensch benötigt, um einen Verlust zu verkraften, ist ganz unterschiedlich. Auch die einzelnen Phasen fallen bei den Betroffenen verschieden lange aus.  

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