Der Erbschein: Zeugnis des Erbrechts

Erbschein

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Der Tod eines Familienmitglieds oder einer anderen geliebten Person bringt viele bürokratische Angelegenheiten mit sich. Für Erben spielt in diesem Zusammenhang der Erbschein eine zentrale Rolle. Wir möchten Ihnen in diesem Artikel alle nötigen Informationen zu dem Dokument an die Hand geben. 

Wann brauchen Sie einen Erbschein? 

Laut Testament des Verstorbenen oder gesetzlicher Erbfolge sind Sie – allein oder mit anderen Personen zusammen (Erbengemeinschaft) – Erbe geworden. Doch um gegenüber Dritten (z. B. Banken, Versicherungen, Behörden etc.) dieses Erbrecht nachweisen zu können, ist in der Regel ein Erbschein notwendig. Dieser ist also ein wichtiges amtliches Dokument, das Sie als rechtmäßigen Erben ausweist.  

In einigen Fällen wird der Erbschein nur dann verlangt, wenn es kein Testament oder keinen Erbvertrag gibt oder die dortigen Angaben nicht ausreichen. Je nach Zweck können auch Nachweise wie eine Testaments- oder Erbvertragskopie akzeptiert werden. Zudem kann das vom Gericht erstellte Eröffnungsprotokoll als Erbzeugnis anerkannt werden. 

Wie und wo beantragen Sie den Erbschein? 

Antrag stellen

Die zuständige Stelle für die Beantragung des Erbscheins ist das Nachlassgericht. Suchen Sie das Amtsgericht in dem Ort auf, in dem der Verstorbene zuletzt wohnhaft war. Den Antrag für den Erbschein können Sie selbst stellen. Alternativ können auch der Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder unter Umständen sogar die Gläubiger des Verstorbenen bzw. Erben diese Aufgabe erledigen. Sie können den Erbschein auch bei einem Notar beantragen.  

Empfehlenswert ist es, im Voraus beim Nachlassgericht anzurufen und einen Termin zu vereinbaren. Stellen Sie den Antrag persönlich bei Gericht, müssen Sie eine eidesstattliche Versicherung abgeben. Wird der Erbschein über einen Notar beantragt, versichern Sie vor diesem die Richtigkeit Ihrer Angaben. Als Teil einer Erbengemeinschaft können Sie den Erbschein allein oder gemeinsam mit den anderen Erben beantragen. Lassen Sie sich in diesem Fall am besten eine Vollmacht der anderen Personen ausstellen. Das vermeidet Verzögerungen, da das Nachlassgericht diese sonst anrufen und zu dem Vorgang befragen müsste.  

Neben den Erben kann auch ein gesetzlicher Betreuer, Testamentsvollstrecker oder ein Nachlassverwalter den Erbberechtigungsnachweis beantragen.  

Erfolgt die Beantragung eines Erbscheins über einen Notar schneller? 

Beauftragen Sie einen Notar für den Antrag auf einen Erbschein, haben Sie gewisse Vorteile. Sie können in Ruhe alle nötigen Detailfragen klären und der Notar übernimmt für Sie die Kommunikation mit dem Gericht. Er hilft Ihnen bei Unklarheiten und möglichen Nachfragen des Gerichts.  

Zudem erhalten Sie bei einem Notar oft schneller einen Termin als beim Gericht selbst. Dieser Umstand sowie die ggf. zügigere Kommunikation mit dem Gericht können insgesamt eine Beschleunigung in der Erstellung des Erbscheins bewirken.  

Welche Unterlagen werden benötigt? 

Vorsorgedokumente

Um den Erbschein korrekt ausstellen zu können, benötigt das Gericht folgende Dokumente: 

  • Ihr Ausweisdokument (Personalausweis oder Reisepass) 
  • Sterbeurkunde sowie ggf. Geburtsurkunde des Erblassers 
  • Nachweisdokument zur Verwandtschaft (z. B. durch Stammbuch) 
  • Persönliche Daten möglicher Miterben und falls zutreffend Nachweise über den Verfall des Erbrechts möglicher Miterben (z. B. Sterbeurkunde oder Verzichtserklärung) 
  • Erbvertrag oder Testament 
  • Angaben/Nachweise zum Vermögens- oder Güterstand 
  • Angabe zum letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Verstorbenen 

Je nach Gericht oder Situation können weitere Unterlagen oder Angaben erforderlich sein.  

Was sieht ein Erbschein aus? 

Im Erbschein sind die Namen und persönlichen Daten des bzw. der Erben niedergeschrieben sowie die entsprechende Erbquote. Je nachdem, ob eine Person Alleinerbe ist oder gemeinsam mit anderen Personen erbt (Erbengemeinschaft), gibt es den Alleinerbschein oder den gemeinschaftlichen Erbschein.  

Bis zum vollständigen Abschluss der Erbteilung verfügen die einzelnen Personen der Erbgemeinschaft zusammen über das Vermächtnis. 

Ein weiterer wichtiger Bestandteil dieses Dokuments sind Beschränkungen. Dies kann etwa eine Testamentsvollstreckung oder eine Nacherbschaft sein. 

Hat der Verstorbene beispielsweise eine oder mehrere Personen in seinem Testament als Vollstrecker und somit für bestimmte Aufgaben benannt, handelt es sich hierbei um den oder die Testamentsvollstrecker. Die benannte Person erhält somit bestimmte Verfügungen des Erblassers und soll diese bestmöglich umsetzen. Meist handelt es sich dabei um die Abwicklung der Erbschaft oder eine Verwaltung des Nachlasses für einen bestimmten Zeitraum. Dies trifft primär bei minderjährigen Erben zu. 

Möchte der Erblasser seinen Nachlass unter den Erben in einer bestimmten Reihenfolge steuern, spricht man von einem Nacherbfall. Das hinterlassene Vermögen geht dann zuerst an Erben Nr. 1 und nach einem festgelegten Zeitraum oder zu einem bestimmten Zeitpunkt an Erben Nr. 2 über. Diese Nacherbschaft findet häufig bei Ehepartnern statt, sodass das Erbe zuerst an den überlebenden Gatten geht und später an die Kinder weitervererbt wird.  

Wie hoch sind die Kosten für den Erbschein? 

Beerdigungskosten, Kosten

Die Kosten für die Erstellung eines Erbscheins können unterschiedlich hoch sein. Sie sind abhängig von der behördlichen Kostenordnung (dem Gerichts- und Notarkostengesetz, kurz GNotKG) sowie der Höhe der Erbmasse abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten. Der Mindestpreis liegt bei 35 EUR, bei einem enormen Nachlass kann dieser auf mehrere Hundert Euro steigen.  

Zusätzlich können noch Gebühren für die eidesstattliche Erklärung sowie Notargebühren anfallen. Darauf wird noch die gesetzliche Mehrwertsteuer aufgeschlagen. Informieren Sie sich am besten bei Ihrem zuständigen Amtsgericht über die genauen Kosten. 

Legen Sie bei der Beantragung unbedingt ein Augenmerk auf die Richtigkeit Ihrer Angaben. Sind diese ganz oder teilweise fehlerhaft, birgt das die Gefahr einer Zurückweisung. Dadurch kann ein weiterer finanzieller Aufwand verbunden sein. Das Nachlassgericht hilft Ihnen gerne im Voraus bei der Abklärung der verschiedenen Informationen. 

Kostenbeispiele: 

Geschäftswert des Nachlasses: 500 EUR Gebühr: 15 EUR 
  Beurkundung (einfache Gebühr): 15 EUR 
  Gesamt: 30 EUR 
Geschäftswert des Nachlasses: 200.000 EUR Gebühr: 435 EUR 
  Beurkundung (einfache Gebühr): 435 EUR 
  Gesamt: 870 EUR 

Gibt es bei der Beantragung des Erbscheins eine Frist zu beachten? 

Eine grundsätzliche Frist gibt es nicht. Um später jedoch nicht in Zeitnot zu geraten, ist es empfehlenswert, möglichst bald nach dem Versterben des Erblassers und der Annahme des Erbes Ihrerseits einen Erbschein zu beantragen. Somit haben Sie den Erbschein bereits zur Hand, wenn Sie in eine Situation kommen, in der dieser benötigt wird. Die Dauer für die Bearbeitung des Erbscheins ist je nach Gericht und Arbeitsaufkommen unterschiedlich, vier Wochen sollten Sie hierfür aber einplanen. 

Nicht immer kommt man nach einem Erbfall zeitnah in eine Situation, in der ein Erbschein benötigt wird. In manchen Fällen wird dies erst nach einigen Monaten oder sogar Jahren nötig. Auch dann können Sie noch problemlos dieses amtliche Dokument beantragen. Jedoch gilt es zu bedenken, dass gewisse Ansprüche nach einiger Zeit verjähren und nicht mehr geltend gemacht werden können (so z. B. der Pflichtteilsanspruch nach drei Jahren). 

Wer bekommt bei einer Erbengemeinschaft den Erbschein? 

Erbengemeinschaft

Alle Erben können den Erbschein beantragen. Das ausgestellte Zeugnis ist anschließend für alle Mitglieder der Erbengemeinschaft gültig. Sie können untereinander klären, ob alle Erbberechtigten eine Ausfertigung besitzen sollen oder ob nur eine ausgewählte Person den Erbschein bekommt und aufbewahrt. 

Wie lange ist der Erbschein gültig? 

Zur Erleichterung vieler Erben ist das Erbzeugnis unbegrenzt gültig und muss nicht erneuert werden. Sollte sich jedoch zu einem späteren Zeitpunkt eine Fehlerhaftigkeit des Dokuments erweisen, kann der Erbschein jederzeit und völlig rechtens wieder eingezogen werden.  

Kann der Erbschein falsch sein? 

Auch das ist denkbar, denn ein Erbfall kann komplex sein oder es können Fehler passieren. Ebenso kann zu einem späteren Zeitpunkt ein aktuelleres Testament auftauchen. Hier gab es in der Vergangenheit bereits Praxisfälle, in denen die Erbfolge im jüngeren Testament anders festgelegt wurde. Passiert das, muss das Nachlassgericht das Dokument laut § 2361 BGB wieder einziehen.  

Das BGB regelt in § 2365, dass gutgläubige Dritte in solch einer Angelegenheit dennoch richtig handeln: Ein Bankmitarbeiter, der also etwa einem auf dem Erbschein benannten Erben das hinterlassene Vermögen auszahlt, ist gesetzlich unangreifbar. Er kann sich auf die Angaben im Erbschein verlassen.   

Anfechtung der Gerichtsentscheidung und Rechtsmittel 

Auch Ablehnungen seitens des Gerichts zur Erteilung eines Erbscheins sind manchmal möglich. Sollte dies passieren, haben Sie die Möglichkeit, Beschwerde einzulegen. Dies muss innerhalb eines Monats geschehen.   

Sind Sie weiterhin mit der Entscheidung nicht einverstanden, haben Sie das Recht, sich an die 2. Instanz zu wenden. Rechtliche Grundlage für diese Beschwerde ist §§ 58 ff FamFG

Je nachdem, für welche Strategie Sie sich entscheiden oder bei welchem Anlaufpunkt Sie sich den größten Erfolg versprechen, können Sie den Erbstreit auch an das ordentliche Zivilgericht übertragen (z. B. für eine Erbfeststellungsklage beim Landgericht). Verlieren Sie nicht die unterschiedlich hohen Kosten aus den Augen, bevor Sie sich auf eine Variante festlegen. 

Worum handelt es sich bei einem europäischen Erbschein? 

Jeder Erbfall ist individuell. Einige Erblasser haben Vermögen, Immobilien oder anderes Erbgut im Ausland hinterlassen. Um sich dort als rechtmäßigen Erben ausweisen zu können, ist oftmals ein europäischer Erbschein nötig.  

Diese Art des Nachlasszeugnisses kann ebenfalls beim zuständigen Gericht beantragt werden und ist in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gültig. Ausnahmen sind Dänemark und Irland. Beim deutschen Erbschein erhalten Sie das Original, bei der europäischen Variante hingegen lediglich eine beglaubigte Kopie. Diese sollten Sie innerhalb der nächsten sechs Monate ab Ausstellung für den benötigten Zweck einsetzen. Danach verliert sie ihre Gültigkeit.  

Bei der Europäischen Kommission erhalten Sie weitere Auskünfte zum europäischen Nachlasszeugnis sowie den entsprechenden Antrag. Vorher lohnt es sich, gegebenenfalls beim Konsulat des entsprechenden Landes nachzufragen, ob der deutsche Erbschein ausreicht. 

Rechtshinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen redaktionellen Text, nicht um eine Rechts- oder Rentenberatung. Wir recherchieren die Inhalte gewissenhaft, allerdings wird jegliche Haftung für sämtliche Angaben ausgeschlossen. Bitte suchen Sie immer bei den zuständigen Stellen oder einem Juristen nach zuverlässigen und individuellen Auskünften. Nur so ist eine perfekte Beratung für den Einzelfall garantiert.

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